Die
medizinische Seite
Depressive Gemütszustände können Aufschiebeverhalten drastisch verstärken.
Man kann bei vielen Menschen beobachten, dass eine einmal aufgenommene Aufgabe, wenn auch vielleicht wenig produktiv, mit einem erkennbaren Beharrungsvermögen weitergeführt wird. Bis es aber dazu kommt, muss eine erste Hemmschwelle überwunden werden. Ist der Antrieb schwach und die Erwartung an den Erfolg der Aufgabe und die Belohnung durch ein Erfolgserlebnis gering, dann blockiert diese Hemmschwelle leicht für sehr lange Zeit den Beginn der Aufgabe. Der Patient schadet sich dadurch möglicherweise erheblich. Das ist allerdings auch für den "normalen" Aufschieber kennzeichnend. So verschieben beispielsweise viele Schüler und Studenten den Beginn des Lernens für eine Prüfung, bis es für den gewünschten Prüfungserfolg längst erkennbar zu spät ist.
Was fördert den ersten Schritt?
Im Umfeld des Zeitmanagement kennt man im Wesentlichen drei wichtige Faktoren, die Hemmschwelle zu senken: Man gliedert große Aufgaben ganz generell in kleine, unmittelbar ausführbare Teilaufgaben. Außerdem legt man dabei ganz besonderen Wert auf die allererste Aufgabe, die dabei anzupacken ist. Drittens schließlich trifft man Vereinbarungen mit sich selbst über konkrete Auslöser oder den genauen Zeitpunkt, zu dem man die Aufgabe beginnt. Das können Wecksignale des Computers sein, aber auch einfache äußere Signale wie der nächste Vogel, der vorbeifliegt oder der nächste Fußgänger, der vor dem Fenster durchkommt.
Je
niedriger die Hemmschwelle sein muss, desto wichtiger
ist der genannte zweite Punkt, die erste Teilaufgabe.
Es lohnt sich, auch schriftlich eine sehr kleine
erste Aufgabe zu formulieren. Starke Aufschieber
berichten gelegentlich, es sei noch deutlich wirksamer,
zwei oder drei solcher Minimalschritte vorzugeben.
Das kann durchaus so etwas sein wie "Hörer abnehmen"
, "Nummer wählen", "den Angerufenen begrüßen" etc..
Das Erkennen, dass diese erste Aufgabe leicht zu
bewältigen ist, kann als Impuls ausreichen, um mit
der Umsetzung tatsächlich zu beginnen.
Die eigentlich noch davor liegende Aufgabe, nämlich diese Schritte zu planen, erfordern natürlich auch selbst wieder ein Stück Disziplin. Der Patient hat aber die Möglichkeit, sich in gesunden Zeiten systematisch daran zu gewöhnen und er kann auch im kurzfristigen Bereich geeignete Zeiten nutzen, um auf Vorrat zu planen. Es ist sehr förderlich, diese Planungsaufgaben zu festgelegten Zeitpunkten im Tagesraster unterzubringen. Kranke Menschen sollten mehrere Planungszeitpunkte im Tagesablauf festlegen. Das dient dazu, kleinteiliger zu planen. Es verhindert aber auch, dass die Planung regelmäßig in Phasen der Erschöpfung fällt oder morgens in eine Phase, in der der Patient schwer "in die Gänge kommt".