Cookie Consent by FreePrivacyPolicy.com Echtbeispiel Anwendung der Value Curve Strategie

Strategie: Methoden: Value Curve

Echtbeispiel für Blue Ocean Strategie

Zielgruppen und Alleinstellungsmerkmale

So funktioniert die Value Curve Methode

Es gibt eine einfache, praktisch umsetzbare Strategie-Methode zur Entwicklung von Alleinstellungsmerkmalen: Die Value Curve. Hier lesen Sie, wie man sie Schritt für Schritt angewenden kann. Dazu verwenden wir ein Echtbeispiel.

Die Value Curve als Begriff hat der Bestseller "Blue-Ocean-Strategy" populär gemacht. Siehe "Der blaue Ozean als Strategie (Amazon Affiliate Link)". Das Buch ist übrigens sehr lohnend, siehe auch Buchempfehlung "Der blaue Ozean als Strategie".

Die Value Curve ist ein Käufernutzen-Profil. Man gewinnt damit durch Weglassen, Verändern oder Hinzufügen von Produkteigenschaften ein neues Profil. Dieses soll für eine neue Zielgruppe attraktiv und konkurrenzlos sein. Auf Deutsch: Wir wollen ein Produkt für eine neue Zielgruppe attraktiv machen. Wie gibt man ihm auffällig andere Eigenschaften passend zum Bedarf der Zielgruppe?

Wichtig: Das Profil zeigt, auf welche Produkteigenschaft man seine Energie fokussiert. Ein geringer Wert beim Preis sagt also nicht, das Produkt sei billig. Es sagt: Preiskampf und Einsparungen, wo immer es geht, stehen nicht im Mittelpunkt. Geringe Anstrengungen beim Preis heißt dann oft: Ein eher teures Produkt...

Unser Echt-Beispiel

In diesem Beispiel betrachten wir ein alltägliches Produkt, das jeder kennt: Einen Nistkasten für Singvögel. Langweilig, denkt man im ersten Moment. Doch die Strategie der Value Curve kann auch in langweiligen Märkten bahnbrechend Neues schaffen. Also los: Gehen wir das Produkt mit der Value Curve an.

Welche Nutzen-Profile sind auf dem Markt?

Auch bei einem Nistkasten interessieren den Kunden mehrere Eigenschaften. Mehrere dieser Produkteigenschaften sind für unterschiedliche Zielgruppen als Kaufkriterium unterschiedlich attraktiv. Dem Einen ist vielleicht der Preis das Wichtigste. Den Anderen interessiert das Design und dem Dritten der Nutzwert für die Singvögel.

Schritt 1: Bestehende Profile erkennen

Wir identifizieren zunächst Produkteigenschaften und Profile, die das Angebot auf dem Markt bestimmen. Das Produkt Nistkasten eignet sich gut als Beispiel. Es gibt ein äußerst vielfältiges Angebot und viele Marktteilnehmer.

Hier sind vier Profile, die man schnell entdeckt:

Profil 1: Das Baumarkt-Angebot

Beispielprofil Vogelnistkasten im Baumarkt

Im Baumarkt ohne genaueres Nachdenken ein preiswertes, aber auch einigermaßen praxistaugliches Produkt mitnehmen: Dafür gibt es Nistkästen, die sich in keiner Eigenschaft positiv oder negativ hervorheben.

Der Baumarkt strengt sich an beim Preis. Seine Produkte müssen gut aussehen. Der Raubtierschutz muss zumindest einen brauchbaren Eindruck machen. Eine gewisse Wirtschaftlichkeit und Haltbarkeit ist in einem Baumarkt Pflicht. Die Interessen der Vögel und der Natur sind dagegen kein Kaufargument.

Profil 2: Das Vogelschützer-Angebot

Beispielprofil Vogelnistkasten für Vogelschützer

Hier geht es nicht um Gartendekoration. Der eigentliche Zweck des Nistkastens steht im Mittelpunkt. Das Produkt darf etwas teurer sein. Die Kunden stuft der Hersteller als zahlungswillige Idealisten ein.

Extrem wichtig ist hier der Raubtierschutz bis hin zum Drahtverhau gegen Marder. Das Design im Sinne der Anpassung an eine vielfältige Vogelwelt ist wichtig. Sie führt sogar zu stark übertriebenen Bauform-Unterschieden.

Profil 3: Der Deko-Artikel

Beispielprofil Vogelnistkasten als Deko-Artikel

Nistkasten als Deko-ArtikelSchnell gekauft und schön anzusehen sind Nistkästen zu reinen Deko-Zwecken. Bewohnt sind sie selten. Selbst Mindestanforderungen an den Schutz der Jungvögel werden ignoriert.

Mangels Alternativen nutzen verzweifelt suchende Vogeleltern manchmal sogar solche Pseudo-Nistkästen. Die Value-Curve betrachtet das aber nicht. Es geht darum, auf welche Produkteigenschaften der Fokus gerichtet wird. Der Anbieter konzentriert sich hier vollkommen auf seine Design-Idee. Auch der Preis spielt nur eine völlig nachgeordnete Rolle.

Profil 4: Der Profi-Nistkasten

Beispielprofil Vogelnistkasten als Produktionsmittel und Wirtschaftsgut

Möglichst ewig haltbar sind Nistkästen für den professionellen Einsatz in Forst- und Landwirtschaft. Oft bestehen sie aus holzhaltigem Beton.

Der Bruterfolg der Vögel, also in erster Linie der Raubtierschutz, ist hier wichtig. Es darf eine Festung aus Beton sein, die man da in seinen Obstgarten hängt. Schließlich geht es darum, dass die Bewohner für den Besitzer Schädlinge beseitigen sollen. Sonst steht aber die wirtschaftliche Seite im Mittelpunkt. Der Nistkasten ist hier ein "Produktionsmittel". Er muss preiswert und haltbar sein.

Schritt 2: Das Anwendungsgebiet abstecken

Natürlich bietet ein solcher Markt viele Nischenangebote und weitere kaufrelevante Eigenschaften. Das Prestige wäre so ein Beispiel. Im gepflegten Garten wird gerne ein schön gezimmerter Nistkasten exponiert vorgezeigt. Diese und andere Eigenschaften lassen wir der Einfachheit wegen unbeachtet.

Das Verfahren, das wir gerade durchführen, dient einerseits dem Auffinden solcher Nischen. Jetzt ist die Übersicht geschaffen. Es tut gut, wenn man nun nochmal klar benennt, was man sucht:

Wir wollen z. B. keine Sonderfälle für Fledermäuse, Bilche, Eisvögel oder Gartenbaumläufer. Wir betrachten nur die Brutkästen für die große Mehrheit der heimischen, höhlenbrütenden Singvögel.

Schritt 3: Ein neues Profil

Die entscheidende Frage ist aber nun: Wenn wir die aufgezählten Produkteigenschaften als Grundlage nehmen: Könnte man daraus ein neues Profil entwickeln? Wie könnten wir unsere Anstrengungen auf die einzelnen Produkteigenschaften sinnvoll anders verteilen?

Eigenschaften verschlechtern, verbessern, wegnehmen oder hinzufügen

Als Value Curve bezeichnet man nicht nur die Kurve, sondern dieses Denkschema: Wir lenken etwa mehr Aufmerksamkeit und Kräfte auf den Preis. Dafür lassen wir den Naturschutz ein wenig außer Acht. Oder wir fügen ganz neue Eigenschaften hinzu wie eine Webcam zum Beobachten der Jungvögel.

Prestigegewinn als Naturschützer oder das Weglassen der "künstlerischen Gestaltung", sind allerdings nicht gemeint. Das sind Eigenschaften, die einfach da sind. "Hinzufügen" meint Eigenschaften, die Nistkästen normalerweise nicht haben. Die genannte Webcam wäre so eine neue Eigenschaft. "Wegnehmen" meint eher Eigenschaften, die als selbstverständlich angenommen werden.

Ein Produkt hat Eigenschaften wie Langlebigkeit, Wartbarkeit, einfache Entsorgung etc. Das ist unabhängig davon, ob wir sie in unserem Profil tatsächlich würdigen. Das Entscheidende am Hinzufügen oder Wegnehmen ist etwas Anderes: Wir geben oder nehmen einer Eigenschaft Kaufrelevanz. Nur ein Bruchteil der potentiellen Käufer macht sich Gedanken um die Entsorgung eines Nistkastens. Über Teerpappe und Nägel denkt niemand nach, solange keine sichtbare Alternative existiert. Und genau da, bei neuen "sichtbaren Alternativen", liegt der Wert der Value Curve.

Das Echt-Beispiel

Die vorgestellten Profile habe ich vor Jahren für ein Strategieseminar vorbereitet. Damals war das noch eine Balkengraphik. Im Seminar habe ich dann, noch ohne Produktidee, das folgende, neue Profil vorgeschlagen:

Beispielprofil Vogelnistkasten mit Schwerpunkt Natur

Die generelle Nachhaltigkeit als Produkteigenschaft war bisher bei Nistkästen nicht gefragt. Obwohl es um Naturschutz geht, macht sich bei so einem Produkt niemand Gedanken. Egal wieviele Nägel, Schrauben, Leim oder Teerpappe verarbeitet werden. Es ist ja trotzdem für den Naturschutz gedacht.

Im Sinne der Value Curve Methode habe ich also eine neue Produkteigenschaft benannt. Da ist die Öko-Bilanz und Nachhaltigkeit. Das Profil sollte kompromisslos den Natur- und Vogelschutz bevorzugen. Andere Eigenschaften wie Design, Haltbarkeit oder der mögliche Verkaufspreis etc. wird nur gefördert im Rahmen des dann noch Möglichen.

Die Idee ist also eine Spezialisierung wie bei der Deko-Variante: Das neue Profil steht nur die Natur im Mittelpunkt und alles Weitere ist zweitrangig.

Schritt 4: Produktvorgaben

Ein Profil ist noch lange kein Produkt. Aber es bietet jetzt die Möglichkeit, Produkteigenschaften auszuloten. Wie weit kann man denn tatsächlich ein solches Profil in ein konkretes Produkt umsetzen?

Der Extremfall von Nachhaltigkeit wäre ein Nistkasten nur aus Holz. Ok, vielleicht noch eine Hanfschnur zum Aufhängen. Aber jedenfalls keine Nägel, keine Schrauben und keine Klammern. Natürlich auch kein Plastik und kein Zement, kein Leim, kein Holzschutzmittel und keine Farbe. Der Nistkasten sollte aus nichts außer Holz bestehen. Geht das?

Das neue Profil macht jedenfalls Sinn. Schwer zu sagen, ob sich so ein Produkt verkauft. Es wird nicht so aussehen, wie man es gewohnt ist. Vielleicht kostet es zu viel oder hat andere Nachteile. Aber Naturschutz sollte gerade für Naturschützer doch ein gutes Kaufargument sein.

Nistkasten

Schritt 5: Das Produkt entwickeln

Das entstandene Profil gibt schon perfekt die Richtung vor. Wie könnte unser Nistkasten aussehen, wenn er all diese Vorgaben erfüllen soll? Egal ob einfach oder schwierig. Wir lenken unsere Anstrengungen genau in die vorgegebene Richtung. Man findet irgendwann ein passendes Produkt.

Schritt 6: Die entscheidende Frage stellen

Spätestens wenn das Produkt fertig ist, erscheint es uns einfach. Da hätte man längst drauf kommen können. Und tatsächlich ist das die entscheidende Frage, die man beantworten sollte, bevor man weitermacht: Warum gibt es dieses Produkt nicht schon längst? Ist es illegal? Oder zu schwer zu fertigen? Oder zu teuer? Oder liegt es wirklich nur daran, dass es noch niemand probiert hat?

Sie sehen das Beispielprodukt abgebildet. Ein so einfaches Design muss doch einen Haken haben. Oder?

Tatsächlich erklärten mir gleich mehrere Befragte, das wäre gar nicht machbar. Aber da war der Prototyp schon fertig. Und sind andere Nistkästen wirklich schöner? Mag sein, aber genau das ist ja gerade der Witz an der Value Curve: Wir konzentrieren unsere Anstrengungen auf ein gewünschtes Profil an Produkteigenschaften. Das geht immer auch ein wenig zu Lasten anderer Dinge. Klar ist, dass ein Naturprodukt nicht so lange halten wird, wie ein Beton-Nistkasten. Es ist schwerer und bildet oft große Risse und Spalten. Den Vögeln scheinen selbst große Risse egal zu sein. Dem menschlichen Kunden sind schon kleine Risse schwer vermittelbar.

Ist "reine Natur" also ein ausreichend wirksames Kaufargument?

Schritt 7: Das neue Profil

Das neue Profil muss nicht genau so aussehen, wie es zunächst erdacht worden war. In der Produktentwicklung können sich Entwicklungsrichtungen noch immer verschieben. Der nächste Schritt also: Das tatsächliche neue Profil aufbauen.

Unerwartete marktrelevante Eigenschaften

Ein neues Produkt kann weitere wichtige Eigenschaften haben, an die man zuvor nicht dachte. In unserem Echtbeispiel wäre das Gewicht so eine Eigenschaft. Niemand denkt bei einem Nistkasten an das Gewicht. Doch das neue Pure Nature Birdhouse hat viel Material und ist schwer. So gut das für die Bewohner sein mag: Das macht es teurer als Versandprodukt. Es ist unhandlich für "zarte Frauenhände" und ältere Menschen.

Das Gewicht ist also eine neue marktrelevante Produkteigenschaft. Im Sprachgebrauch der Value Curve gehört sie unter "Hinzufügen". Es ist egal, ob uns das nun gefällt oder nicht.

Produkteigenschaften Vogelnistkasten mit Schwerpunkt Natur

Nach Zielgruppe bewerten

Eine erhebliche Rissbildung kommt bei einem Naturprodukt weniger überraschend. Doch wie bewertet man diese Eigenschaft? Es zeigt sich: Den Vögeln sind diese Risse, selbst sehr breite Spalten, mehr oder weniger egal. Für den Bruterfolg spielen sie keine Rolle. Für den Menschen sehen sie dagegen furchtbar aus. Die Zielgruppe sind aber nicht die Singvögel, sondern die menschlichen Käufer. Daher gehören sie, mit schlechter Bewertung, zu den neuen Eigenschaften.

Vermutete Eigenschaften

Es können sich auch positive Eigenschaften ergeben, die man so nicht erwartet hatte. Die "Bevorzugung durch die Vögel" könnte so eine neue positive Eigenschaft sein. Unsere Beobachtungen legen nahe, dass manche Vögel Nistkästen bevorzugen, die echten Bäumen ähneln. (Bei manchen Arten wie z. B. dem Wiedehopf, gilt das als wissenschaftlich belegt)

Das zeigt einen weiteren Gesichtspunkt aus der Praxis der Value Curve: Wir haben hier eine wichtige Eigenschaft mit Marktrelevanz. In der Entwicklungsphase können wir sie nur vermuten, aber nicht belegen. Versuche im eigenen Garten mögen ein guter Hinweis sein, ein Beweis sind sie nicht. In der angestrebten Kernzielgruppe der Naturschützer ist die Eigenschaft wichtig. Sie könnte sich als gutes Kaufargument erweisen. In unsere Value Curve und unsere Überlegungen nehmen wir sie selbstverständlich auf. Ob man daraus unseriöse Werbesprüche macht, ist eine andere Frage.

Schritt 8: Zielgruppe und Werbeargumente

Nun sind wir also bei der Markteinführung angelangt. Aus einer Value Curve ergeben sich Zielgruppen und Werbeargumente fast von alleine: Wir sprechen Menschen an, die mehr als nur oberflächlich an Naturschutz interessiert sind. Deshalb heben wir genau diese Vorteile hervor: Die Herstellung ist perfekt nachhaltig aus nachwachsendem Rohstoff. Die Bedingungen für die brütenden Vögel und ihre Kinder sind einzigartig gut.

Das Produkt ist weit schwieriger zu fertigen, als es auf den ersten Blick aussieht. Aber es existiert und kann (in kleinen Stückzahlen) bestellt werden. Mehr zum Pure Nature Birdhouse

Fazit

Die Value Curve ist ein praktikables Werkzeug. Sie ist bei der Produktentwicklung tatsächlich hilfreich. Die Zusammenhänge verdeutlicht sie gut. Ihre Einfachheit mag der realen Welt nicht gerecht werden. Aber ohne Einfachheit wären neue Produktideen chancenlos.

Wie geht es weiter?

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