>Durch
Erfahrung und eine sorgfältige Engpassanalyse
werden die lohnendsten Teilprojekte herauskristallisiert und nicht gleichzeitig,
sondern nacheinander angepackt. Wenn das gelingt, wird man mit dem Wichtigsten
beginnen und nicht mit dem Angenehmsten oder irgendwelchen Lieblingsideen, denen
man aus Betriebsblindheit immer wieder aufsitzt. Der Ertrag dieser Projekte wird
nicht nur Zeitvorteile, sondern auch Kostenvorteile erbringen, die schließlich
das nächste Teilprojekt wieder finanzieren...
Die finanziellen Vorteile bleiben nicht aus. Untersuchungen zeigen, dass
Kunden mehr Geld ausgeben,
wenn sie dadurch Zeit sparen
(z. B. nach Png und Reitmann 1994: 1% höhere Preise für 6 % weniger
Zeitaufwand.)
Zeitwettbewerb als
Überbegriff ist in dieser schnelllebigen
Zeit bereits wieder aus der Mode gekommen. Bücher
über Zeitwettbewerb (Amazon Affiliate Link)
findet man beispielsweise nur noch sehr wenige. Die Diskussion hat sich auf eine
Vielzahl von Einzelthemen
wie Supply Chain Management oder Prozessoptimierung
verlagert. Aus strategischer Sicht ist das aber eine Fehlentwicklung. Wir
sollten die Beschleunigung einer
Organisation als Ganzes nicht aus den Augen
verlieren.
Der Erste in der Branche hat den größten Profit vom Zeitwettbewerb. Er kann es
sich erlauben, langsamer,
kostengünstiger und fehlerfreier
schneller zu werden als alle seine Nachahmer.
Leider der Hauptgrund
Die meisten
Unternehmen stellen sich dem Zeitwettbewerb, weil ein Konkurrent es vormacht.
Erst wenn Wettbewerber schneller liefern, wird nachgezogen. Bringen Wettbewerber
schneller neue Produkte
auf den Markt oder bieten sie schneller
an, dann müssen Sie nachziehen.
Der Nachteil dieser Entwicklung ist ein Zeitdruck beim Umstellen der
Organisation, der Fehler begünstigt,
viel Geld kostet und eine optimale Entwicklung
unmöglich macht.
Unsere Zeit wird immer schnelllebiger. Wer sich heute für ein Produkt oder eine
Serviceleistung
entscheidet, will sie sofort haben. Immer mehr Menschen
sind bereit, dann auch mehr Geld dafür zu bezahlen. Wer nicht schnell genug
reagieren kann, scheidet aus.
Machen Sie aus der Not
des Handels eine Tugend!
Schnelligkeit stärkt massiv die Kundenbindung
Stellen Sie sich einen Eisenwarenhändler vor, der für 120.000 € Elektrowerkzeuge
auf Lager hat. Manche
davon braucht er, um sie den Kunden zu zeigen.
Die meiste Lagerware braucht er, weil der Kunde sofort ein Gerät mitnehmen will.
Der Händler bindet Kapital
und bezahlt Zinsen.
Gelingt es einem Hersteller, zuverlässig so schnell nachzuliefern, dass der
Händler seinen Lagerbestand
reduzieren kann, dann wird dieser das gerne
tun. Da seine Kapitalbindung einen erheblichen Erfolgsfaktor darstellt, wird er
diesem Hersteller auch den
Vorzug vor seinen Wettbewerbern geben.
Mit dem Abbau der Kapitalbindung erhöht sich die Bindung zu seinem Lieferanten.
Jetzt liegt der
Lagerbestand in Elektrowerkzeugen vielleicht bei
noch 50.000 €. Er hat keinerlei Interesse, sich nun wieder 70.000 € von seiner
Bank zu leihen, nur um bei
einem anderen Hersteller wieder Ware zu kaufen
und auf Lager zu legen. Lieber überzeugt er seine Kunden von den Qualitäten
seines neuen, schnellen
Lieferanten.
Zeitwettbewerb führt also zu einer erheblichen Verstärkung der Kundenbindung.
Gehen Sie also nicht das
Risiko ein, zu den letzten Ihrer Branche gehören,
die damit beginnen.
Mehr
Varianten ohne
Beschleunigung sind tödlich!
Zeitwettbewerbern fällt Variantenreichtum leichter
Nehmen wir als Beispiel einen kleinen Möbelhersteller. Er fertigt jedes
Stuhlmodell in Mengen von 500 Stück
zweimal pro Jahr. Das Lager ist sehr
sperrig und kapitalintensiv. Zeitwettbewerb wäre ein phantastischer Fortschritt.
Eine Fertigung von
50-Stück-Losen würde Lager und Kapital entlasten
und gleichzeitig eine deutliche Zunahme der Stuhlmodelle ermöglichen.
Genau dieses Beispiel ist mir heute begegnet, als ich 3 Stühle erwerben wollte.
Nicht in Buche, wie der
Standard, sondern in Eiche. Bei der nächsten
Fertigung in 5 Monaten wird das mitlaufen. Falls ich sie wirklich bestelle.
Warum wird nicht in kleineren Losen gefertigt?
Es ist nicht ganz einfach zu organisieren. Der eine Stuhl enthält Biegeteile. Der
andere hat gedrechselte
Beine. Der dritte benötigt eine besondere
Sägevorrichtung. Doch die Rüstkosten sind nicht deshalb so hoch, weil wirklich
viel zu tun wäre, sondern weil
der Meister froh ist, wenn er alle Einrichtungen
gleichzeitig freihat. Und da steht auch schon mal eine Maschine drei Tage vorher
bereit und wartet.
Dieses Organisationsproblem, das bei vielen Varianten auftritt, ist eine Sache
der Informatik. Es ist oft
schwierig. Aber es ist lösbar. Vielleicht
sollten Sie einmal einen pfiffigen Programmierer fragen, bevor Sie glauben, so
etwas sei nicht möglich.
Immer individueller
Produkte werden immer vergleichbarer und doch immer variantenreicher. Die Kunden
wollen ihre Wünsche
individueller befriedigt haben. Die Internationalisierung
bedeutet nicht Vereinheitlichung, sondern eine Zunahme der Vielfalt und
Anpassung an immer noch mehr
verschiedene Normen und nationale Eigenheiten.
Dieser Variantenreichtum darf nicht zu höherer Kapitalbindung in
Fertigwarenlagern führen. Die Alternative
heißt Zeitwettbewerb. Nicht lagern, sondern
schneller bereitstellen.
Wer in
Sekundenbruchteilen über Kontinente hinweg bestellen kann, will nicht monatelang
auf
seine Ware warten.
Schnellere Bestellwege erzwingen schnellere Lieferung
Kein Händler kann alle gebotenen Produktvarianten am Lager führen. Er muss
nachbestellen. Bisher wurde die
Bestellung oft mit Papier und Bleistift
aufgenommen, dann noch einmal sauber abgeschrieben, möglicherweise durch eine
Einkaufssoftware geschleust und
dann gefaxt. Zeitverlust war unvermeidlich.
Zukünftig wird ein großer Teil der Bestellungen online abgewickelt. Kunde und
Berater blättern inmitten des
Ladengeschäfts gemeinsam in den Internetseiten
eines Anbieters, wählen aus und bestellen.
Deshalb will der Kunde nach dieser schnellen Bestellung auch schnell seine Ware
haben. Sechs Wochen waren
angemessen, als allein der Versand der
Bestellung und die Anlieferung der Ware eine Woche dauerte. Liegt aber die
Bestellzeit im Minutenbereich und
der Warentransport im 24 Stunden Takt,
dann wächst auch der Druck auf die Produktionszeiten.
Andererseits wird diese Entwicklung den Handel empfindlich treffen, sobald
Endverbraucher und Verarbeiter
in größerem Umfang direkt beim Hersteller
ordern. Diese Marktbereinigung wird vermutlich zu Lasten derjenigen Händler
gehen, die diesen Sprung in der
Bestellgeschwindigkeit nicht mitmachen.
Zeitwettbewerb
ist deutlich billiger als Eilaufträge
Eilaufträge sind zu teuer!
Auch wer keinen Zeitwettbewerb führt, hat eilige Aufträge. Diese laufen dann aber
nicht von alleine. Sie
verursachen enormen Aufwand. Jeder kümmert
sich. Zusätzliche Kosten entstehen.
Viele Unternehmen beschäftigen Leute, die nichts anderes tun, als
höchstpersönlich eilige Aufträge durch
den Betrieb zu peitschen. Mit dem schönen
Traum von den optimalen Losgrößen ist es dann ohnehin vorbei.
Wer schneller reagieren kann, kann seine Lagerbestände deutlich reduzieren.
Das eigene Lager
verringern
Kürzere Lieferzeiten dürfen nicht in eine größere Lagerhaltung münden. Das wäre
in der Regel Unfug und ist
doch gängige Meinung. Schnellere Reaktionszeiten
entstehen durch geringere Liegezeiten. Ein Auftrag befindet sich in seiner
Abwicklungsdauer nur zu vielleicht
5 % in Phasen echter Wertschöpfung. Der
Rest sind Liegezeiten. Dort müssen wir ansetzen. Die EDV macht es heute möglich.
Was geschieht aber dann mit den Lagerbeständen?
Die Erfahrung von Unternehmen im Zeitwettbewerb zeigt einen Rückgang der
Lagerbestände. Schnellere
Durchlaufzeiten ersparen uns einen Teil des Fertigwarenvorrats.
Wir können ihn ja schnell nachproduzieren. Zwischenprodukte müssen ebenfalls in
geringeren Mengen gelagert
werden. Da die Losgrößen sinken, machen kleine
Lager inmitten der Fertigung immer noch weniger Sinn. Und die Rohmaterialien?
Die Lieferanten passen sich dem Zeitwettbewerb an. Sie können im Durchschnitt
schneller einkaufen. In
vielen Fällen erfordert das aber eine intensivere
Zusammenarbeit. Gleichzeitig sind weniger Rohmaterialien in Zwischenprodukten
gebunden und können daher
flexibler eingesetzt werden ...
Fazit:
Zeitwettbewerb reduziert in vielen Fällen die Lagerbestände deutlich.
Fertigungslager?
Bei der Beratung eines Metallverarbeiters in Dänemark fand ich einen Extremfall:
Mitten im
Fertigungsbereich, direkt neben einer Maschine, lagerten
einige Kisten eines Zwischenprodukts seit fast 2 Jahren!! Die Arbeiter gingen
Abertausende Male darum herum.
Irgendwann störte das einfach nicht mehr.
(Die Software des Unternehmens wusste übrigens Bescheid über den angearbeiteten
Auftrag und das Zwischenlager
in der Fertigung. Aber es gab niemanden,
der je einen Blick auf diese Daten warf.) Mit einem Maßnahmenplan von 4 größeren
und 13 kleineren Punkten
konnte die Lieferzeit um etwa 90 Prozent und
die Bestände in der Fertigung auf 0 reduziert werden. Und das binnen weniger
Wochen ...
Ein geringerer
Auftragsbestand kann die Verwaltungskosten deutlich senken.